ZUR SACHE: Der Wahl fernbleiben?

Vor einigen Tagen schrieb mir ein wahlberechtigter Mitbürger, er überlege sich ernsthaft, ob er an der Bundestagswahl überhaupt noch teilnehmen werde. Diese Andeutung ausgerechnet aus der Feder eines Menschen, der mit kritischem Sachverstand und guten Anmerkungen seit Jahren argumentativ um das beste Förderprogramm für die Solarenergie kämpft, hat mich mehr bestürzt als so manche Schreckensnachricht der vergangenen Jahre.

Als momentaner Reflex der Enttäuschung mag eine solche Haltung ja durchaus verständlich sein: Lobbyismus, Korruption, Filz und kleinliches, würdeloses Parteiengezänk, vor allem aber der scheinbare Mangel an inhaltlichen Alternativen haben vielen Menschen jegliche Begeisterung für die Politik geraubt, ihnen das Gefühl gegeben, es sei ohnehin egal, wen man wähle. Insofern wäre es eigentlich Aufgabe der Parteien, sich die zunehmende Wahlmüdigkeit als stummen, aber verzweifelten Protest der Resignierten zu Herzen zu nehmen. Die Hoffnung, daß dies geschieht, ist wohl oftmals auch das tiefere Motiv für Wahlenthaltung. Doch die Erfahrung zeigt, dass Gruppen, die ihre Anliegen von der Politik nicht hinreichend vertreten sehen und die diese daher mit Wahlenthaltung "bestrafen" bzw. aufrütteln wollen, nur noch weiter an Einfluß verlieren, was dann in einem wahren Teufelskreis die Enttäuschung nur noch steigert.

Soviel zum "Aufrütteln" durch Wahlenthaltung.

In unserem Fall der Energiepolitik ist außerdem der erste Eindruck falsch, es gebe keine wirklichen Alternativen mehr. Das Gegenteil gilt: Die Gegensätze zwischen den beiden gebotenen Alternativen könnten kaum krasser sein:

Wir erleben einen dramatischen Interessenkonflikt zwischen den Vertretern der konventionellen Energiewirtschaft und den Befürwortern einer Energiewende. Welche der beiden Möglichkeiten sich durchsetzen wird, hängt dabei nicht vom Stand der Technik ab, sondern fast ausschließlich von den politischen Rahmenbedingungen.

Die politischen Rahmenbedingungen, wie das bremsende Quotensystem oder das weltweit vorbildliche EEG, ergeben sich in Deutschland nicht aus einer Volksabstimmung oder einem Volksentscheid (die CDU/CSU hat vor wenigen Tagen im Bundestag ein Gesetz zur Einführung des Volksentscheides zu Fall gebracht).

In Deutschland werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen vom Bundestag erlassen. Entscheidend ist deshalb die Mehrheit im Bundestag!

Die Bundestagsfraktionen haben zur grundsätzlichen Frage: Energiewende Ja oder Nein in ihren Wahlprogrammen eindeutig Stellung bezogen. Das Ziel ist klar, auch wenn die Formulierungen zu einzelnen Details manchmal nur schwer zu verstehen sind.

Schwarz/Gelb hat mehrfach deutlich gemacht, dass sie im Falle eines Wahlsieges das "rot-grüne" EEG abschaffen werden. Schon bei der Abstimmung März 2000 im Bundestag haben CDU/CSU sowie FDP gegen das Erneuerbare Energien Gesetz gestimmt. Jetzt hat am 7.6.02 die Fraktion der CDU/CSU im Bundestag den offiziellen Antrag gestellt, den 350 MW-Deckel für die Photovoltaik im EEG nicht auf 1000 MW zu erweitern, wie dies die rotgrüne Koalition vorhat, sondern ihn beizubehalten. Und der energiepolitische Sprecher der FDP hat sich am 5. Juni 02 in ähnlicher Weise geäußert. Die Vergütung für die Photovoltaik hat er als Dauersubvention bezeichnet, die von der FDP nicht mitgetragen werde.

Diese Informationen sollten deutlich gemacht haben, wie eindeutig inzwischen die Politiker von Schwarz-Gelb den weiteren Ausbau der Photovoltaik abbremsen wollen, und wie irrational und verzweifelt, ja geradezu selbstzerstörerisch die Idee ist, durch Wahlenthaltung hieran etwas ändern zu wollen.

Mit freundlichen Grüßen


Wolf von Fabeck, 17.06.02
Solarenergie-Förderverein (SFV) Aachen