LZ vom Freitag, 30.12.2005:

Stück Geschichte zu verkaufen

Die Blomberger Immobiliengesellschaft will sich vom alten Amtshaus an der historischen Burgmauer trennen

Blomberg (an). Es ist eines der schönsten Gebäude Blombergs, seine Lage an der historischen Stadtmauer könnte besser nicht sein: Das alte Amtshaus ist nach wie vor ein Blickfang für Passanten und ein beliebtes Fotoobjekt für Touristen. Noch gehört es der stadteigenen Immobiliengesellschaft (BIG). Doch die Stadt will sich von dem Haus trennen.

Das kunstvolle Schnitzwerk in den Jahrhunderte alten Balken, die wunderschöne Lage mit weitem Blick vom Burgberg herab und nicht zuletzt der bisher liebevoll gepflegte Garten machen den Reiz des alten Gebäudes, das im Jahr 1572 erbaut wurde.

In seinem Büchlein über die Blomberger Sehenswürdigkeiten schrieb der leider verstorbene Heimathistoriker Heinz-Walter Rolf, das Amtshaus sei mit "der übersichtlichen Straffheit und maßvollen Klarheit seiner Zierschnitzereien eine der glücklichsten Schöpfungen der lippischen Fachwerkkunst."

Seit seiner Erbauung sei das Haus Wohnhaus des herrschaftlichen Drosten beziehungsweise Amtmannes gewesen und "müsste deshalb eigentlich Amtmannshaus heißen."

Im Jahre 1962 hatte die Stadt Blomberg das Haus erworben, zuletzt wohnten hier drei Mietparteien, von denen eine mittlerweile ausgezogen ist. "Nachdem wir eine Kaufanfrage bekommen hatten, haben wir erst einmal in nichtöffentlicher Sitzung diskutiert, ob wir es überhaupt veräußern wollen", berichtete Bürgermeister Klaus Geise. "Es ist vollkommen klar, dass dieses Gebäude wirtschaftlich für uns nicht rentierlich ist." In Zeiten der akuten Finanznot sei ein Verkauf vertretbar: "Es gibt kein zwingendes Erfordernis, dieses Haus vorzuhalten."

Dennoch haben die Grünen Bedenken, ein solch geschichtsträchtiges Haus in private Hände zu geben, wie Fraktionschef Hans-Ulrich Arnecke gegenüber der LZ erklärte: "Für uns ist das alte Amtshaus nicht irgendein x-beliebiges Haus. Es gehört aus unserer Sicht allen Blombergern." Und darum hätten die Grünen auch gern, dass der mögliche Verkaufserlös nicht einfach in die BIG-Kasse fließt, sondern in die Heinrich-Fritzemeier-Stiftung, damit die Bevölkerung direkt daran teilhaben kann. Der Antrag wurde allerdings von den anderen Fraktionen abgeschmettert.

Aus Sicht des Bürgermeisters bliebe das Haus den Blombergern auch im Falle eines Verkaufs erhalten: "Bis jetzt stand es ja auch nicht für die Öffentlichkeit offen. Und ein eventueller Käufer wäre schon allein dadurch gezwungen, es zu erhalten, weil es unter Denkmalschutz steht. Im Kaufvertrag würden sich ja entsprechende Auflagen finden."

Und so fand sich in der LZ-Weihnachtsausgabe die Verkaufsanzeige der BIG für das Gebäude mit 230 Quadratmetern Wohnfläche und einem 800 Quadratmeter großen Grundstück.

"Ein echtes Kleinod Blomberger Stadtgeschichte mit einer herrlichen Fernsicht über den Weinberg", heißt es in der Anzeige. Als Verhandlungsbasis sind rund 300 000 Euro als Kaufpreis genannt.

Allerdings steckt die Stadt gerade noch einmal 90 000 Euro in die Sanierung einer Fassade - sie ist derzeit eingerüstet. "Diese Sanierung war schon lange angedacht. Allerdings haben sich mittlerweile Schäden gezeigt, die das Ganze deutlich umfangreicher und teurer gemacht haben als erwartet", so der Bürgermeister.

So gesehen, wird ein Käufer auch nicht recht wissen, was da auf ihn zu kommt: "Auf Sicht müssen die anderen Fassaden sicher auch saniert werden", meint Geise. Er soll aber die Katze dennoch nicht im Sack kaufen: "Wir würden ihm natürlich sämtliche Unterlagen zur Verfügung stellen, damit er weiß, was ihn erwartet." Eines auf jeden Fall: Ein Haus mit erstklassiger Lage und viel Blomberger Stadtgeschichte.