LZ vom Donnerstag, 27.08.2009

Das Baumopfer von Blomberg

Blutbuche am Alten Friedhof fällt wegen angeblicher Stammfäule: Gutachten in der Kritik

Von Marianne Schwarzer

Die Blomberger Innenstadt ist um einen Baum ärmer: Gestern fiel die Blutbuche am Alten Friedhof der Säge zum Opfer. Es bestehen allerdings erhebliche Zweifel, ob das nötig gewesen wäre.

Blomberg. Bevor gestern morgen Mitarbeiter der Firma Drewes aus Barntrup die Säge ansetzten, hatte die Stadt es bereits angekündigt: Die mächtige Blutbuche müsse gefällt werden, weil ein Pilzbefall festgestellt worden sei.

Dabei stützt sich die Stadtverwaltung auf das Gutachten des Höxteraner Sachverständigen Markus Trabold. Er hatte bereits im Mai 2008 den Baum untersucht, nachdem auf dem Alten Friedhof einige Bäume hatten gefällt werden müssen (die LZ berichtete). Der Baum hat rund um seinen Stamm eine Wucherung, die den Stamm von etwa 90 auf gut 120 Zentimeter Durchmesser verdickt. Damals war Trabold aber nach zwei Probebohrungen zu dem Schluss gekommen, dass zwar an der Veredelungsstelle eine "oberflächliche Fäule" feststellbar sei. "Eine den gesamten Stamm schwächende Fäule konnte durch zwei Messbohrungen ausgeschlossen werden. Der Stamm ist ausreichend tragfähig."

Im Zuge der Umgestaltung des Platzes hatte sich vor wenigen Wochen Landschaftsplaner Halke Lorenzen eingeschaltet, der die Standsicherheit des Baumes vehement bezweifelte. Gegenüber der LZ hatte Lorenzen keinen Hehl daraus gemacht, dass ihn die Blutbuche stört: "Die Bäume sind für diesen Platz überdimensioniert".

Die Stadt zog erneut Trabold zu Rate, der kurzfristig ein neues Gutachten erstellte, probehalber 39 Zentimeter tief bohrte und an der Ostseite "eine tief in den Holzkörper reichende Fäule feststellen konnte." Er empfahl die Fällung.

Zwei beherzte Schnitte, der Baum seufzt laut auf und stürzt mit einem Krachen zu Boden. Bauamtsleiter Frank Bischoff steht fassungslos vor der Schnittstelle, die völlig intaktes Holz zeigt. Auch ein Schnitt auf der anderen Seite der Geschwulst zeigt das gleiche Bild: Glattes, intaktes Holz. Als später ein Mitarbeiter des Bauhofes einen Keil in die Verdickung schneidet, fördert er einen intakten Kern zutage: Lediglich der Teil, der über den eigentlichen Stamm gut 30 Zentimeter hinausragt, ist tatsächlich morsch. "Das hätte nicht passieren dürfen. Wir werden mit dem Gutachter reden müssen", so Bischoff dazu.

Trabold selbst hatte gestern keine Gelegenheit, sich die Sache anzuschauen. Allerdings erklärte er am Telefon gegenüber der LZ, dass solche Gutachten immer auch eine politische Komponente hätten. Zu den Widersprüchen seiner Gutachten wolle er sich erst äußern, nachdem er direkt vor Ort war.