LZ v. Donnerstag, 25.01.07
Blomberger verweigert sich gestiegenen Gaspreisen - Versorgungsbetriebe mahnen
Blomberg (co). Wie ihn gibt es etliche in Deutschland, die die Preiserhöhungen bei Gas oder Wasser nicht mitmachen wollen. Hans Schröder tat es vor zwei Jahren und erläuterte seine Beschwerde über die Blomberger Versorgungsbetriebe (BVB) den Mitgliedern des Hauptausschusses.
Da er die Preiserhöhungen der vergangenen zwei Jahre von insgesamt rund 44 Prozent bei der Gaslieferung als unbillig ansieht, beschränkte er diese auf jeweils 2 Prozent, also insgesamt 10 Prozent. Die Versorgungsbetriebe reagierten mit einigen Schreiben darauf und drohten an, die Lieferungen von Gas und Wasser einzustellen sowie mit Folgekosten.
"Mündlich wurde abgewiegelt, schriftlich standen Einschüchterungen im Raum", sagte der Vater, der sich daraufhin an das Kartellamt wandte. Die BVB reagierten ebenfalls und begründeten ihre Ankündigungen, den Hahn abzudrehen mit einem Eingabefehler.
"Das Mahnwesen ist ein Massengeschäft. Das sind berechtigte Mahnungen auf säumige Kunden", erklärte Betriebsleiter Peter Begemann von den BVB und gab zu: "In der Mahnung hätte der Passus nicht drinstehen dürfen. Ich kann mich nur entschuldigen." Das wollte er auch noch persönlich tun.
"Wir haben Verträge mit Vorlieferanten", begründete Begemann die Gaserhöhungen, die man nur weitergebe. An diese müssten sich die BVB halten. Genaue Zahlen, wie viele Menschen in Blomberg sich Erhöhungen verweigern, wollte er nicht nennen. Er sprach von einem Prozentsatz von 0,5 Prozent, wodurch man bei rund 2200 Kunden auf eine Zahl von elf käme.
Kunden die Einstellung der Gaslieferungen anzukündigen, kann laut Landeskartellbehörde NRW missbräuchlich sein. Referatsleiter Peter Franke betonte auf Anfrage, dass solche Einzelfälle das Amtsgericht entscheiden müsse. Eine Pauschalaussage könne man darüber nicht treffen. Sowohl Kunden als auch Gaslieferer könnten Klage erheben: "Abwegig ist beides nicht." Seine Behörde bekomme täglich zig Briefe solcher Fälle. Das Kartellamt verfolge die Gaspreise jedoch nur unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten und stellte Vergleiche an, die auch demnächst wieder veröffentlicht würden.
Laut Franke steht beim Bundesgerichtshof im März ein Urteil an, wo über den Paragraphen 315 des Bundesgesetzbuches wegen Unbilligkeit entschieden werde. Wenn ein Vertragspartner einseitig einen Preis bestimmt, ist es derzeit noch so, dass der Vertragsnehmer - in diesem Fall der Gaskunde - einen Anspruch darauf hat, dass der Preis nicht unbillig ist. Um das herauszufinden, können Kunden bei einem Gerichtsverfahren die Offenlegung der Kalkulation verlangen. Dazu sind jedoch Energieversorger in der Regel nicht bereit, also geben sie sich vorerst mit den geringen Erhöhungen zufrieden, die die Kunden ihnen zubilligen. Auch die Blomberger Versorgungsbetriebe hoffen, dass sie künftig das Geld einfordern können, ohne ihre Zahlen offen zu legen. Man stehe im Wettbewerb mit anderen Anbietern, denen man ungern dadurch Marktvorteile verschaffen wolle, so Begemann.
Im Hauptausschuss sprach SPD-Ratsmitglied und BVB-Aufsichtsratsvorsitzender Erhard Oerder von einem Versehen bei den Mahnbriefen. Bürgermeister Klaus Geise: "Ich sehe keine systematische Drangsalierung und gehe davon aus, dass das ein bedauerlicher Einzelfall ist." Günter Simon von den Freien Bürgern fragte sich, ob es sich wirklich um einen Einzelfall handele und sprach von einer wenig bürgerfreundlichen Haltung.
Hans-Ulrich Arnecke (Die Grünen) überlegte, das Verhalten der BVB zu rügen. Schließlich sprach sich eine Mehrheit von neun Ja-Stimmen bei sieben Enthaltungen und zwei Gegenstimmen für den Antrag Simons aus, dass sich der Aufsichtsrat der BVB noch einmal mit dem Thema befassen soll.