LZ vom Freitag, 23.08.02:

Hightech in grünem Tarnmantel

Neuartige Biogasanlage auf Hof in Großenmarpe eingeweiht

Blomberg-Großenmarpe (co). Die Großenmärper wirds freuen: Wenn Landwirt Heinrich Gödeke in Zukunft seine Gülle auf dem Feld ausbringt, wird es wesentlich weniger stinken. Der Grund: Er hat sich eine neuartige Biogasanlage angeschafft, die gestern eingeweiht wurde.

Erbauer und Noch-Betreiber ist die Firma Dr. Brachthäuser. Deren Inhaber Dr. Benno Brachthäuser erläuterte der LZ die wesentlichen Vorteile: Die Anlage ist mit einem Platzbedarf von 100 Quadratmetern relativ klein und eigne sich deshalb auch für diesen mittelständischen Betrieb mit rund 140 Mastschweinen. Das Pilotobjekt kostete 180000 Euro, wurde jedoch vom Land mit 45 Prozent bezuschusst. Die Folgemodelle sollen dann "nur" noch mit 125000 Euro zu Buche schlagen. Für größere Anlagen, die sich für kleinere Höfe nicht rechnen, muss leicht das Doppelte hingelegt werden.

Heinrich Gödeke leitet nun seine Gülle über eine Pumpe in den Lagerbehälter, den Fermenter, wo die Vergärung stattfindet. Die organischen Feststoffe werden hier ohne weitere Bioabfälle in Methangas verwandelt. Die nun sehr dünnflüssige Gülle wird in einen Betonbehälter weitergeleitet und kann sogar mittels Schläuche auf dem Feld ausgebracht werden. Das trägt ebenfalls zur Geruchsminderung bei. Das Gas wird über ein Rohr in einen Speicher im kleinen Blockheizkraftwerk geleitet, das in einem Technik-Container untergebracht ist. Hier wird Strom durch Abwärme produziert, um zum einen den Fermenter auf 55 Grad Celsius aufzuheizen und zum anderen Haus und Stall zu beheizen. "Nur im Winter reicht das nicht ganz aus", versichert Brachthäuser. Im Sommer dagegen werde der Überschuss einfach ausgeblasen. "Das ist der Vorteil, dass man die Energie komplett nutzen kann", so der Betreiber. 20 Kilowattstunden Strom und 40 Kilowattstunden Wärme können so im Jahr erzielt werden.

"Das Konzept der zweistufigen Kompakt-Biogasanlage ist die konsequente Umsetzung des im Frühjahr 2000 in Kraft getreten Energie-Einspeisegesetzes", unterstreicht Brachthäuser. Aus diesem Grund weihte gestern auch Michaele Hustedt, Energiepolitische Sprecherin der Grünen NRW, die Anlage in Großenmarpe ein. Dank des neuen Gesetzes bekommt der Landwirt für jede Kilowattstunden abgegebenen Strom 10 Cent.

Diese Grundlage benötigte der Unternehmensberater, um Zeit und Geld in eine Neuentwicklung zu stecken. Mit Unterstützung der Fachhochschule Köln dauerte dies anderthalb Jahren. Für seinen Fermenter hat er ein Patent angemeldet.

Landwirt Gödeke wird die Anlage in zwei Jahren übernehmen, in zehn Jahren hat er sie abgeschrieben. Die Bauabnahme seitens des Kreises ist problemlos erfolgt. Nur mussten alle Gebäudeteile dunkelgrün angestrichen werden, um nicht so sehr ins Auge zu fallen. Gödeke wird sich noch ein Zusatzaggregat einbauen lassen, um den Stall im Sommer auch kühlen zu können. Einen großen Aufwand braucht er mit der Technik nicht zu betreiben, ein täglicher Kontrollgang genügt.


Errata:

  1. Es sind 1400 Mastschweine, also 10 Mal so viel wie beschrieben.
  2. Der Strom wird nicht durch die Abwärme produziert, sondern durch die thermische Verbrennung im BHKW-Motor. Im Motor werden Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt, die Energie somit wesentlich besser ausgenutzt als in Anlagen, wo die Wärme bei der Stromerzeugung zum Schornstein (AKW: Kühlturm) herausgeblasen wird und somit "futsch" ist.
  3. 20 kW Strom und 40 kW Wärme: Dies ist die installierte Leistung der Anlage. Pro Jahr werden daraus ca. 125.000 kWh Strom produziert, außerdem stehen dem Landwirt jährlich ca. 230.000 kWh Wärme zur Verfügung, womit er 13.000 Liter Heizöl ersetzen kann.
  4. Michaele Hustedt (MdB) ist Energiepolitische Sprecherin für die GRÜNEN im Bundestag
  5. Kühlung des Stalls im Sommer: Hier wird kein neues Aggregat zur Kühlung eingebaut, aber durch eine Erweiterung der Steuerung ist es möglich, das BHKW bei Stromausfall zur Versorgung der Lüftungen des Stalls zu nutzen und so die Kühlung der Schweine sicherzustellen.