LZ v. Donnerstag, 20.04.2006:

Der Wert der freien Fläche

Fachstelle des Lippischen Heimatbundes nimmt Gewerbegebiet unter die Lupe

Horn-Bad Meinberg/Belle (upf). Seit Jahren plant die Stadt Horn-Bad Meinberg federführend das interkommunale Gewerbegebiet Belle. "Jetzt war es an der Zeit, die Seite der Natur zu beleuchten", sagt Friedrich-Wilhelm Schröder, Leiter der Fachstelle Umweltschutz und Landschaftspflege des Lippischen Heimatbundes.

Die Mitglieder der Fachstelle besichtigten nun die riesige Fläche direkt an der B 239 am Ortsausgang von Belle in Richtung Wöbbel, auf der 70 Hektar Gewerbegebiet ausgewiesen werden sollen – gemeinsam zu vermarkten von Horn-Bad Meinberg, Schieder-Schwalenberg und Blomberg. Das Fazit der Besichtigung fiel eindeutig aus: "Wenn Freiraum geschützt werden soll, dann hier", so Schröder. Der Fachstelle befasse sich seit längerer Zeit mit dem Thema Freiraumschutz, das auch von der Bundesregierung verfolgt werde. Jene habe sich im Zuge einer Nachhaltigkeitsstrategie darauf festgelegt, den täglichen Flächenverbrauch in der Bundesrepublik von zurzeit 100 Hektar auf 30 zu senken. Schröder: "Leider verfolgt die NRW-Landesregierung die Idee des Nullsummenspiels in der Landesplanung nicht mehr" – dies sehe vor, dass nur noch dann neue Gewerbe- und Siedlungsflächen ausgewiesen werden dürften, wenn gleichzeitig an anderer Stelle derartige Flächenausweisungen zurück genommen würden.

Auch in den Kommunen müsse die Idee des Freiraumschutzes erst noch ankommen, meint Schröder – das beste Beispiel hierfür sei das interkommunale Gewerbegebiet Belle. "Das geplante 70 Hektar große Gebiet würde den Freiraum zwischen Belle und Wöbbel zerstören." Es würden beste landwirtschaftliche Böden in Anspruch genommen. "Können wir es uns leisten, die Flächen für die Landwirtschaft immer mehr einzuschränken?", lautete eine der Fragen, die sich die Mitglieder der Fachstelle stellten.

Der Niederbeller Bach mit seinen angrenzenden Bereichen sei von erheblicher Bedeutung für den Artenschutz und den Biotopverbund – hier sei durch die Versiegelung von Flächen mit nachteiligen Folgen zu rechnen. Auch die Verkehrsanbindung sei problematisch zu sehen: Möglicherweise müsse die B239 für das Gewerbegebiet ausgebaut werden und vielleicht neu geführt werden, was weiteren Flächenverbrauch mit sich bringe.

Ein aus Sicht der Fachstelle ebenfalls nicht zu vernachlässigender Faktor: Es gebe in Horn-Bad Meinberg und Blomberg noch ausreichend Platz für Gewerbeansiedlungen. "Letztlich darf bezweifelt werden, ob überhaupt überhaupt Bedarf für ein derartig großes Gewerbegebiet besteht", betont Schröder.

Wie Rudi Radtschun, Vorsitzender des Heimatvereins Belle, bei seiner Führung über die Fläche erklärte, wird das Projekt auch im Ort selbst kritisch gesehen. Die Einwohner hätten Angst vor einem zunehmenden Durchgangsverkehr – "damit ist keiner richtig glücklich".

Zudem sei noch nicht klar, ob die Abwässer nach Steinheim oder in die Zentralkläranlage von Horn gepumpt würden. In Steinheim werde zurzeit aber über eine Erweiterung der Kläranlage nachgedacht, bei der eine Lösung für das Gewerbegebiet bald berücksichtigt werden müsse. Allerdings werde die vorgesehene Fläche zurzeit von mehreren landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschaftet, die keine Nachfolger hätten und in absehbarer Zeit den Betrieb einstellten. Nur ein Landwirt als Pächter würde von dem Gewerbegebiet tatsächlich eingegrenzt, so Radtschun.