LZ vom Freitag, 10.07.2009
Schadensfälle häufen sich / Verbote durch Behörden und Flugsicherung für Verbraucher unübersichtlich
VON INGE TREICHEL
Frankfurt/Düsseldorf (AP). Sie verheißen Glück und Wunscherfüllung: Asiatische Papierlaternen mit brennender Flamme werden auf Partys in Deutschland zu Hunderten, wenn nicht Tausenden, in den dunklen Abendhimmel geschickt. Einige der unkontrollierbaren Flugobjekte jedoch werden zu Unglücks-, ja sogar Todesboten: Ein zehnjähriger Junge starb Pfingsten in Siegen bei einem Wohnhausbrand, den eine auf dem Wintergarten gelandete Himmelslaterne verursachte.
Der bisher höchste Brandschaden von 250.000 Euro entstand am vergangenen Wochenende an Hausdächern im südhessischen Dieburg. Polizisten suchten die Verursacher in einer Hochzeitsgesellschaft im Fechenbacher Schloss. Dort hatten Beobachter Himmelslaternen aufsteigen sehen.
Erst in der Nacht zum 20. Juni hatte eine „Kong-Ming-Laterne“ ein Haus in Bocholt (NRW) in Brand gesetzt. Zwei Menschen wurden leicht verletzt. Der Schaden wurde auf 100.000 Euro geschätzt.
Eine Woche zuvor war es durch eine brennende Himmelslaterne nachts auf einem Balkon in Michelstadt (Hessen) zu einem Brand gekommen. Weil Nachbarn zufällig die Flammen sahen und mit dem Feuerlöscher einschritten, wurde Schlimmeres verhindert.
Solche Schadensfälle häufen sich, obwohl seit dem vergangenen Jahr immer mehr Verbote für brennende Flugobjekte ergangen sind. Die Polizei bemüht sich, mit Warnungen vor strafrechtlichen Folgen eine abschreckende Wirkung zu erzielen: „Das Anzünden und insbesondere das unkontrollierte Steigenlassen erfüllt den Tatbestand der Herbeiführung einer Brandgefahr. Kommt es zu einer Entzündung, kann zusätzlich der Tatbestand der fahrlässigen Brandstiftung erfüllt sein, der mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden kann.“ Das in der Anschaffung relativ billige „stille Feuerwerk“ kann den Verursacher eines Schadens zudem finanziell ruinieren: Die Haftpflichtversicherung kommt nicht grundsätzlich dafür auf.
Seit Monaten fordern unter anderen Feuerwehrverbände ein bundesweites Verbot der brennenden Flugobjekte. Der für Feuerwehr, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung zuständige Ausschuss der Innenministerkonferenz ist aber noch im Stadium der Diskussion.
Dabei haben einige Bundesländer die Laternen längst verboten. Dort riskiert man bereits durch das Aufsteigenlassen eine saftige Geldbuße: in Baden-Württemberg bis zu 50.000 Euro.
In Niedersachsen, wo nach mehreren Bränden das Innenministerium im April dieses Jahres ein Verbot erließ, kann das Loslassen einer angezündeten Laterne bis zu 5.000 Euro kosten. Diese könne bis zu 400 Meter hoch aufsteigen und unkontrollierbar bis zu fünf Kilometer weit fliegen, erklärte das Ministerium. Der Verkauf der Papierballone ist aber nicht verboten.
In Schleswig-Holstein wird ein vom Innenministerium verordnetes Verbot voraussichtlich im Oktober gültig. Das Innenministerium in Brandenburg bereitet eine entsprechende Verordnung vor.
In Sachsen-Anhalt ist es seit 23. April 2009 bei Androhung von Geldbußen bis 5.000 Euro verboten, „unbemannte Ballone steigen zu lassen, in denen die Luft mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen erwärmt wird“. Den Vorsitzenden des Landesfeuerwehrverbands, Ingolf Hirsch, freut dies: „Wir hatten mit den Dingern auch schon unsere Probleme“, sagte er. Es habe mehrere Zwischenfälle wie einen komplett abgebrannten Carport gegeben.
Das sächsische Ministerium kam nach einer rechtlichen Prüfung zum Ergebnis, dass eine Regelung auf Landesebene nicht nötig sei. Die Innenministerien in Hessen und Thüringen verweisen auf die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden für die Gefahrenabwehr; in kommunalen Verordnungen werden bisher zum Beispiel auch Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit und Maulkorbzwang für gefährliche Hunde geregelt. Juristisch seien Himmelslaternen wie offenes Feuer zu behandeln, erklärte ein Ministeriumssprecher in Wiesbaden.
Von diesem Samstag an sind auch in Nordrhein-Westfalen Himmelslaternen verboten. Verstöße können mit einer Geldbuße bis zu 1.000 Euro geahndet werden. Bisher wurde hierzulande der Einzelfall geregelt, weswegen Interessenten bei der Bezirksregierung eine Genehmigung für Himmelslaternen einholen mussten. Die meisten Anrufer nähmen aber bereits nach einem Beratungsgespräch wegen der drohenden Gefahr Abstand von der Idee, berichtete eine Sprecherin.
Interessenten, die Vorsicht walten lassen wollen, denken eher daran, ein Okay von der Deutschen Flugsicherung (DFS) zu bekommen. Und das ist ganz in deren Interesse. „Wir hätten es gerne, wenn die Leute uns immer – möglichst zwei Wochen vorher – anrufen“, sagte DFS-Sprecher Axel Raab. Manchmal kämen pro Tag bundesweit 100 Anfragen zusammen.
Die sogenannte UFO-Meldestelle in Mannheim stellte die weitestgehende Forderung: ein Import- und Verkaufsverbot für die „glühenden Brandbomben“. Werner Walter, Betreiber des „Centralen Erforschungsnetzes außergewöhnlicher Himmelsphänomene“, warnt, sonst käme „die nächste Generation pyrotechnisch nachgerüsteter Himmelslaternen“ zum Einsatz.
Nach Sachsen-Anhalt und Niedersachsen werden die auf Partys und Volksfesten beliebten Himmelslaternen auch in Nordrhein-Westfalen aus Brandschutzgründen untersagt. Die Gründe liegen auf der Hand.