LZ vom Montag, 05.12.2005:
US-Bauern berichten vom Anbau gentechnisch veränderten Saatguts
Bad Salzuflen-Grastrup (tis). Der Marktmacht der großen Saatgutunternehmen haben Bauern in den USA nur wenig entgegenzusetzen. Diesen Eindruck hinterließ die Agro-Gentechnik-Informationsveranstaltung, bei der zwei amerikanische Landwirte ihre Erfahrungen des Anbaus gentechnisch veränderter Saat mit Landwirten und Bürgern teilten.
Manko der Veranstaltung: die einseitige Darstellung - eine Gegenseite war nicht vertreten, die Abrechnung mit einem einzigen Agrarkonzern dafür um so deutlicher. Dabei ist die Geschichte des US-Bauern Troy Roush aus dem Bundesstaat Illinois so haarsträubend, dass es einer ausgewogenen Darstellung bedurft hätte. Für eine Gegenpartei hatte die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft als Organisator aber nicht gesorgt. Stattdessen berichtete Roush: "Die Macht der Patentrechte wird benutzt, damit gentechnikfreies Saatgut nicht mehr konkurrenzfähig ist." Während selbstgezogene Saat inklusive aller weiteren Aufwendungen wie für Spritzmittel 1996 noch 90 Euro pro Hektar gegenüber 100 Euro für gentechnisch veränderte Samen gekostet habe, habe sich dieses Verhältnis gedreht. Anbau ohne Gentechnik schlage in diesem Jahr mit 118 Euro gegenüber 78 Euro zu Buche.
Roush erinnerte außerdem an seinen Rechtsstreit mit einem Agrarkonzern. Dieser habe die eigene Nachzucht von Saatmitteln verhindern und damit das eigene Produkt fördern wollen - mit Erfolg: Heute benutzt Roush mit seinem Vater und zwei Brüdern auf der 2230-Hektar-Farm auch gentechnisch verändertes Saatgut. Von gefälschten Anbauverträgen, einem Privatdetektiv auf seinem Grundstück und der Anklage wegen Patentverletzungen und Vertragsbruchs berichtete Roush. Darüber hinaus habe die Gentechnik den Zusammenhalt unter den Landwirten zerstört, da diese aufgrund der geringeren Arbeitsbelastung sich nun gegenseitig Land streitig machen würden.
Auch Roushs Freund und Kollege, David Dechant aus Colorado, nannte Nachteile, der so genannten grünen Gentechnik: "Die Produktionssteigerung führt zum Fall der Marktpreise, wenn jeder Bauer eine große Ernte hat."
Einen starken Verbraucherwiderstand wie in Europa gebe es in den USA nicht. "Der durchschnittliche Amerikaner weiß überhaupt nicht, wenn er gentechnisch veränderte Lebensmittel isst", sagte Dechant. Seit 1996 seien gentechnisch veränderte Soja-, Mais-, Raps- und Baumwollpflanzen in den Vereinigten Staaten gang und gäbe und immer verbreiteter.
Für Deutschland, wo die Verbraucher für das Thema sensibilisierter seien, sprach Uwe Hartmeier vom Referat Ländlicher Raum im Institut für Kirche und Gesellschaft in der evangelischen Kirche von Westfalen von einer anderen Entwicklung. In diesem Jahr sei beispielsweise nur auf 410 Hektar Mais angebaut worden, der gentechnisch gegen bestimmte Schädlinge resistent gemacht worden sei.
Zum Vergleich: Die Gesamtanbaufläche von Mais beträgt hierzulande etwa 1,6 Millionen Hektar. Vielen Landwirten sei aufgrund der gesetzlichen Haftungsregeln für eventuelle Auswirkungen das Risiko zu hoch. Scheinbar gilt dies auch für die lippischen Landwirte, die die Informationsveranstaltung besuchten. Die Berichte von David Dechant und Troy Roush quittierten sie mit kräftigem Applaus.