Umweltfreundliche Fahrzeugtechnik
Die Verbrennungsmotoren normaler Autos sind so ausgelegt, dass sie auch
beim Beschleunigen und Bergauffahren ausreichend Leistung liefern. Bei
geringer Last, also z. B. beim Fahren mit gleichmäßiger Geschwindigkeit
auf ebener Straße, braucht der Motor aber nur ganz wenig Energie
(10 bis 15 PS). Die meiste Zeit fahren normale Autos darum mit einem Riesenpaket
an ungenutzter Leistung herum. Das geht zur Lasten der Energieeffizienz
und die Autos verbrauchen mehr als nötig.
Im Gegensatz dazu verfolgen Hybridfahrzeuge die Strategie, möglichst
wenig Energie zu vergeuden, indem sie:
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rationeller mit der Energie umgehen,
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einen Teil der bereits verbrauchten Energie wieder zurückgewinnen.
Wie sie diese Ziele erreichen, ist im Folgenden aufgeführt:
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Zwei unterschiedliche Antriebsquellen, in der Regel ein Verbrennungsmotor
und ein elektrischer Motor/Generator:
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Der Verbrennungsmotor ist der Hauptantrieb. Im Vergleich zu "normalen"
Verbrennungsmotoren hat er weniger Leistung, ist kleiner, leichter und
läuft häufiger im günstigen Wirkungsbereich.
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Der elektrische Motor/Generator unterstützt den Verbrennungsmotor
bei Bedarf mit seinem hohen Drehmoment, lädt die Antriebsbatterie
und dient "nebenbei" noch als Starter für den Verbrennungsmotor.
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Überschüssige Energie wird vom elektrischen Motor/Generator
in einer Antriebsbatterie gespeichert:
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Leistungsüberschuss beim Verbrennungsmotor – z. B. bei gleichmäßiger
Fahrt auf ebener Fahrbahn
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Bewegungsenergie des Fahrzeugs beim Gaswegnehmen und beim Abbremsen ("regenerative"
Energie)
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Gespeicherte Energie wird bei Bedarf wieder aus der Antriebsbatterie
entnommen und für den Antrieb des E-Motors verwendet, z. B. fürs
Überholen und an Steigungen.
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Keine Ressourcenvergeudung:
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Wenn das Fahrzeug steht (z. B. an der Ampel oder im Stau), wird der Verbrennungsmotor
abgeschaltet.
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Wenn das Fahrzeug verzögert/abbremst, wird der Verbrennungsmotor abgeschaltet
oder er läuft ohne Kompression und Zündung einfach mit – sozusagen
"im Leerlauf".
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Das Fahrzeug braucht nie an die Steckdose, da die Antriebsbatterie
immer mit "Bordmitteln" – also mit dem E-Motor/Generator – nachgeladen
wird.
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Eine intelligente Elektronik (= Computer) steuert das Zusammenwirken
aller Komponenten.
All diese Eigenschaften führen zu folgenden Vorteilen:
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Hybridfahrzeuge verbrauchen deutlich weniger Energie als Fahrzeuge
mit "normalen" Verbrennungsmotoren.
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Hybridfahrzeuge stoßen damit entsprechend weniger Schadstoffe
aus als konventionelle Fahrzeuge. Die Einstufung in die steuerbegünstigte
Kfz-Steuerklasse Euro4 gelingt ihnen darum mühelos.
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Hybridfahrzeuge sind leiser als normale Fahrzeuge, denn:
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Der Verbrennungsmotor läuft bei normaler Fahrt mit niedriger Drehzahl.
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Der Elektromotor kann bei manchen Hybridfahrzeugen auch alleine laufen,
z. B. beim Anfahren oder bei Langsamfahrt. Dann ist das Fahrzeug nahezu
"unhörbar" wie ein richtiges Elektromobil.
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Die Motoren werden im Stand abgeschaltet.
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Hybridfahrzeuge haben weniger Verschleiß, denn:
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Der Verbrennungsmotor arbeitet in Zusammenarbeit mit seinem "Kollegen"
Elektromotor immer im optimalen Drehzahlbereich. Ein Überdrehen oder
"Abwürgen" des Verbrennungsmotors ist dank der Steuerelektronik unmöglich.
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Der elektrische Motor/Generator fungiert als "Anlasser im Schongang": Der
Verbrennungsmotor wird beim Starten ohne Kompression und Zündung auf
Leerlaufdrehzahl gebracht. Erst, wenn Öldruck und Schmierung sichergestellt
sind, werden die Zylinder "befeuert".
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Der elektrische Motor/Generator ist einfach gebaut und daher praktisch
wartungsfrei.
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Bei manchen Hybridfahrzeugen gibt es weder Kupplung noch herkömmliches
Getriebe.
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Die regenerativen Bremsen arbeiten berührungslos. Die hydraulischen
Bremsen greifen erst bei stärkerem Pedaldruck – das schont die Bremsbeläge.
Der
Toyota Prius: Beispiel für ein Hybridfahrzeug
Der
Prius
ist das erste in Serie produzierte Hybridfahrzeug der Welt. Seit 1997 wurden
mehr als 120.000 Prius weltweit ausgeliefert, davon die meisten in Japan.
Seit dem Jahr 2000 gibt es den Prius in einer angepassten Modellversion
auch in Amerika und Europa. In den USA sind inzwischen mehrere 10.000 Prius
auf den Straßen unterwegs. Laut Kraftfahrtbundesamt in Flensburg
wurden im Jahr 2001 nur ca. 600 Exemplare des Prius in Deutschland ausgeliefert.
Inzwischen sollen es um die 1000 sein. Die Zahl ist also bei uns noch sehr
überschaubar. In anderen europäischen Ländern sieht es ähnlich
aus.
Inzwischen gibt es ein neues
Prius-Modell und auch Honda bietet ab 2004 einen Civic
mit Hybridantrieb an.Auf
den ersten Blick ist der Prius ein ganz normales japanisches Auto der Kompaktklasse,
wie sie zu Hunderttausenden auf unseren Straßen unterwegs sind. Öffnet
man jedoch die Motorhaube, so bekommt auch der Autolaie eine
ungefähre Vorstellung davon, was für eine geballte Technik-Ladung
unter der kurzen Schnauze schlummert.
Das Hybrid-Prinzip: Wie funktioniert's beim Prius?
Ein Benzinmotor von 72 PS/53 kW und ein Elektromotor von
44 PS/33 kW teilen sich brüderlich die Antriebskraft. Zusammen können Benzinmotor
und E-Motor eine maximale Leistung von 98 PS mobilisieren. Jeder
der beiden Motoren kann das Fahrzeug unter bestimmten Fahrbedingungen auch
alleine antreiben. Dritter im Bunde ist ein Generator von 25 PS/18
kW, der den Elektromotor
mit Strom versorgt, die Antriebsbatterie lädt und als Starter für
den Benzinmotor fungiert.
Das "Dreigestirn" E-Motor, Benzinmotor und Generator ist über einen
Kraftverteiler (= Planetengetriebe) miteinander verbunden, der wie eine
stufenlose Automatik arbeitet, vergleichbar einem CVT-Getriebe (Continuously
Variable
Transmission),
allerdings ohne dessen verschleißanfällige Komponenten. Es gibt
weder eine Kupplung noch irgendwelche "Gänge", sondern nur die bei
Automatikgetrieben üblichen Fahrstufen P, R, N, D und eine zusätzliche
Stufe B (= Brake), die bei Bedarf die Bremswirkung des Benzinmotors aktiviert
(z. B. bei steilen Abfahrten).
Die Antriebsbatterie (NiMH) hat eine Spannung
von 270 Volt. Sie ist im Kofferraumboden hinter den Rücksitzen platziert,
nimmt aber nur wenig Raum ein. Mit knapp 400 Litern nach VDA verbleibt immer
noch deutlich mehr Gepäckvolumen als bei einem VW Golf IV. Die letzte
wichtige Komponente ist der Inverter, der den Wechselstrom des E-Motors/Generators
in Gleichstrom für die Antriebsbatterie umwandelt und umgekehrt (s.
Bild Motorraum).
Die verschiedenen Fahrzustände können wie folgt beschrieben
werden. Die zugeordneten Schemabilder stellen dabei den Kraftfluss im System
dar. Bitte beachten Sie, dass das Symbol "ELEC. MOTOR" sowohl den Generator
als auch den E-Motor darstellen kann, das Schema somit stark vereinfacht
ist.
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Anlassen: Gestartet wird in Fahrstufe P (= Park). Auf Schlüsseldruck
fährt der Generator den Benzinmotor hoch. Erst bei Leerlaufdrehzahl
werden Kompression, Kraftstoffzufuhr und Zündung zugeschaltet. Das
Hochfahren erfolgt daher äußerst weich und motorschonend.
Ist der Benzinmotor noch von einer vorherigen Fahrt warm, so wird er
kurz darauf wieder abgeschaltet. Bei einem Kaltstart läuft er so lange,
bis die Betriebstemperatur erreicht ist, damit Kat und Heizung richtig
arbeiten können. Nach der Warmlaufphase wird der Benziner dann abgeschaltet,
wenn er für den Fahrzeugantrieb gerade nicht benötigt wird.
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Losfahren:
Der Fahrer stellt Fahrstufe D (= Drive) ein und gibt mit dem Fahrpedal
"Gas". Mit leisem Surren schiebt der Elektromotor und einem Drehmoment
von bis zu 350 Nm (!) den Wagen an. Seinen "Saft" bezieht der E-Motor aus
der Antriebsbatterie hinter den Rücksitzen.
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Beschleunigen:
Gibt der Fahrer mehr Gas, so greift der Benzinmotor seinem "elektrischen
Kumpel" unter die Arme. Er treibt dabei gleichzeitig den Generator an,
der seinen Strom direkt dem E-Motor zur Verfügung stellt. Jetzt treiben
beide Motoren parallel das Fahrzeug an – der E-Motor stellt dabei das höhere
Drehmoment zur Verfügung.
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Normalfahrt:
Auf ebener Strecke reicht die Kraft des Benzinmotors locker aus, um das
Fahrzeug alleine anzutreiben. Dabei kann er gleichzeitig noch per Generator
die Antriebsbatterie nachladen. Der E-Motor darf sich derweil "ausruhen".
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Volllast:
Ist volle "Power" gefragt – z. B. beim Überholen oder bergauf – dann
ist der E-Motor wieder gefordert, seinen "Benzinkumpel" zu unterstützen.
Aus der Antriebsbatterie holt er sich jetzt den "Zusatz-Kick", den ihm
der Generator alleine nicht liefern kann. Jetzt gehen zusammen fast 100
PS zu Werke – für den kraftvollen Schub sorgt vor allem der E-Motor
mit seinem hohen Drehmoment.
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Schleichfahrt:
Bei sanftem Gasfuß und ebener Strecke sind mit dem E-Motor allein
bis zu 65 km/h erreichbar. Mit Null-Emissionen im Stop-and-Go-Verkehr und
auf dem Parkplatz. Aber Vorsicht: Fußgänger hören den Prius
dann oft nicht!
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Rückwärtsfahrt:
Fahrtstufe R (= Reverse) einstellen und "Gas" geben. Rückwärts
fährt der Prius rein elektrisch: Der E-Motor wechselt einfach die
Drehrichtung und wird aus der Antriebsbatterie gespeist. Der Benzinmotor
wird abgeschaltet, wenn die Batterieladung ausreichend ist. Ansonsten lädt
der Benzinmotor parallel die Antriebsbatterie nach.
Clevere Strategien: Energie zurückgewinnen und
nichts vergeuden!
Als einzige Energiequelle dient dem Prius letztlich nur das Benzin im Tank.
Das Fahrzeug braucht nie zum Laden an die Steckdose, weil die Antriebsbatterie
immer "mit Bordmitteln" auf optimalem Ladezustand gehalten wird:
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Laden
durch den Benzinmotor: Immer, wenn dieser überschüssige Energie
hat, lädt er die Antriebsbatterie via Generator nach. Dies ist immer
dann der Fall, wenn das Fahrzeug auf ebener Strecke gleichmäßig
rollt.
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Laden
beim Gaswegnehmen: Geht der Fahrer vom Fahrpedal, so wird der E-Motor
umgehend als Generator "umgepolt" und lädt die Antriebsbatterie mit
der Bewegungsenergie des Fahrzeugs nach. Dabei wird das Fahrzeug durch
den entstehenden Generatorwiderstand leicht abgebremst und verhält
sich damit wie ein "normales" Auto.
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Laden
beim Bremsen: Sobald das Bremspedal betätigt wird, wird der Generatoreffekt
des E-Motors weiter verstärkt, der Widerstand wächst, die "regenerativen"
Bremsen speisen entsprechend mehr Strom in die Antriebsbatterie ein und
das Fahrzeug wird noch stärker abgebremst. Erst bei noch stärkerem
Pedaldruck greifen zusätzlich die normalen hydraulischen Bremsen.
Natürlich wird der Benzinmotor beim Gaswegnehmen und Bremsen sofort
deaktiviert: Zündung, Kompression und Benzinzufuhr werden abgestellt.
An der Ampel und im Stau werden ebenfalls alle Motoren abgeschaltet; sie
werden ja nicht benötigt. Es herrscht wohltuende Stille, abgesehen
von den Motorgeräuschen der Nachbarfahrzeuge, die im Leerlauf nutzlos
vor sich hin rödeln und dabei die Umwelt verpesten.
Wenn
allerdings ein bestimmter Ladezustand unterschritten wird, wird der Benzinmotor
gestartet, um via Generator die Antriebsbatterie nachzuladen.
Der Benzinmotor wird auch "zwangsweise" gestartet, wenn die Klimaanlage
im Sommer mit voller Leistung läuft oder wenn im Winter die Heizung
auszukühlen droht.
Alles im Griff: Computer auf Rädern
Wann welcher Motor läuft, wann elektrisch gebremst wird, wann die
Antriebsbatterie nachgeladen wird: Alle Vorgänge an Bord werden durch
verschiedene Bordcomputer geregelt, die ständig miteinander
Daten austauschen. Die Motoren/Generatoren können dank der elektronischen
Steuerung weder überdreht noch "abgewürgt" werden. Eine Traktionskontrolle
sorgt dafür, dass die Räder beim Gasgeben nicht durchdrehen können.
ABS verhindert das Blockieren der Räder beim Bremsen. Der Fahrer braucht
nur lenken, Gas geben und bremsen. Vieles wird nicht mehr mechanisch, sondern
elektrisch bzw. elektronisch übertragen. Einige Beispiele:
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Die Stellung des Getriebe-Wählhebels wird als Impuls übertragen
("shift by wire").
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Beim Fahrpedal wird der Stellwinkel an den Fahrcomputer übermittelt; die Drosselklappe am Benzinmotor wird durch einen Stellmotor bewegt
("drive by wire").
- Da der Prius über ein regeneratives Bremssystem verfügt, errechnet der
Fahrcomputer beim Bremsen über Drucksensoren automatisch das Verhältnis
von regenerativer zu hydraulischer Bremskraft und löst die entsprechenden
Maßnahmen aus ("brake by wire").
Im farbigen Multifunktions-Display fließt die für den
Fahrer relevante Information der Bordcomputer zusammen:
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Auf
einem Verbrauchsbildschirm kann man den Verbrauch der letzten 30
Minuten in 5-Minuten-Blöcken ablesen. So wird auf einen Blick sichtbar,
wann "geheizt" und wann sparsam gefahren wurde. Außerdem wird hier
der durchschnittliche Energieverbrauch seit dem letzten Reset anzeigt.
Zusätzlich sieht man die Außentemperatur.
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Auf
dem Energiebildschirm kann man sich als bewegte Grafik anzeigen
lassen, wie die Energie zwischen den Fahrzeugkomponenten hin- und herfließt.
Was dabei zwischen den verschiedenen Bordcomputern so alles "abgeht",
kann man sich vorstellen, wenn die Darstellung dynamisch alle paar Sekunden
wechselt.
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Das Multifunktions-Display dient gleichzeitig als Anzeige für das
eingebaute Radio. Das (optionale) Navigationssystem lässt sich ebenfalls
über das Display steuern.
Nutzenstiftung: Umweltschonend unterwegs sein, Sprit
sparen, Steuern sparen
Die ganze Hightech im Fahrzeug hat ihre konkrete Nutzenstiftung:
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Extrem niedrige Abgaswerte: Die Emissionen für CO2/Kohlendioxid,
CO/Kohlenmonoxid, NOx/Stickoxide, HC/Kohlenwasserstoffe
unterbieten die erst ab 2005 geltende Euro4-Schadstoffnorm jetzt schon
um ca. 50%. In USA erfüllt der Prius sogar die scharfe kalifornische
SULEV-Abgasnorm (SULEV = Super Ultra Low Emission
Vehicle).
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Geringer Verbrauch – große Reichweite: Mit einer einzigen Tankfüllung von
50 Litern kann man einen Verbrauch von 5 Liter auf 100 km realisieren und
damit 1000 km weit fahren. Benzinfahrzeuge vergleichbarer Größe und Leistung
mit konventionellem Automatikgetriebe kommen auf einen deutlich höheren Verbrauch als
der Prius.
Damit stößt der Prius in Dimensionen
vor, die bisher Dieselfahrzeugen vorbehalten waren. Dies
aber wesentlich umweltfreundlicher als ein Diesel, da Selbstzünder derzeit
noch einen drastisch höheren Stickoxid-
und Partikelausstoß aufweisen.
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Finanzielle Vorteile: Als Belohnung für die niedrige Umweltbelastung
gibt's von Vater Staat einen Kfz-Steuerbonus von 306,- Euro (600,- DM), der auf die
Steuerschuld angerechnet wird. Und der niedrige Treibstoffverbrauch macht sich
im Portemonnaie ebenfalls positiv bemerkbar: Bei einer Jahresfahrleistung
von 20.000 km ist gegenüber einem Fahrzeug vergleichbarer Leistung mit konventionellem
Automatikgetriebe eine jährliche Einsparung zwischen 700,- und 1200,- Euro realisierbar,
je nach Streckenprofil und persönlicher Fahrweise. Auch gegenüber klassengleichen
Benzinfahrzeugen mit Handschaltung hat der Prius noch die Nase deutlich
vorn.
Ein eiskalter Morgen Anfang Januar:
Die Außentemperatur beträgt
-14 Grad, alle Autoscheiben sind überfroren. Überall Berufspendler,
die Angst haben, ob ihr fahrbarer Untersatz nach durchfrorener Nacht in
der Tiefkühltruhe ihrer Laternengarage wohl anspringt.
Wie wird sich der Prius-Hybride mit seiner komplexen Antriebstechnik
bei diesen Temperaturen verhalten?
Startvorgang: Die Scheiben von Schnee und Eis befreit, in den Prius gesetzt, angeschnallt
und den Schlüssel kurz gedreht. Ganz unspektulär, ohne
"Orgeln" und kaum hörbar fährt der Generator als E-Starter den Benzinmotor hoch. Kein
Wunder bei einer Starter-Leistung von 24 PS/18 kW, von der 270-Volt-Antriebsbatterie
gepowert. Kompression, Benzinzufuhr und Zündung werden erst zugeschaltet,
wenn die Leerlaufdrehzahl erreicht und ausreichende Zylinderschmierung
gewährleistet ist. Motorschonender geht's nicht.
Und ab geht die Post, denn betriebswarm wird auch der Prius nur "auf
der Piste" und nicht im Stand. Die 2-Zonen-Klimaanlage auf "Automatik"
und "Defrost" gestellt: Nach kurzer Zeit ist der Beschlag innen an der
Windschutzscheibe beseitigt und die Feuchtigkeit nach draußen transportiert.
Die Wohnstraße ist nicht geräumt und nicht gestreut. Kein
Problem für den Prius: Mit den Drehzahlsensoren an allen Rädern
prüft die Traktionskontrolle ständig, ob sich die Antriebsräder
vorn schneller drehen als die Hinterräder. Auch wenn das rechte Vorderrad
auf dem eisigem Seitenstreifen durchdreht: Die Elektronik übernimmt
die Funktion eines Sperrdifferenzials und bremst das durchdrehende Rad
automatisch ab.
Unterwegs auf der Bundesstraße: Beim Gasgeben und Gaswegnehmen
gibt es keine abrupten Lastwechselreaktionen wie bei normalen Fahrzeugen.
Der Grund: Das Fahrpedal ist nicht durch eine mechanische oder hydraulische
Kraftübertragung mit dem Motor verbunden, sondern elektronisch und
computergesteuert ("by wire"). Zusätzlich bringt das stufenlose Automatikgetriebe
die Antriebskraft der beiden Motoren kontinuierlich und elektronisch sanft
reguliert an die Antriebsräder.
Dasselbe Bild beim Bremsen: Bei zurückhaltender Bremsung wird zunächst
nur die progressiv wirkende Bremsfunktion des E-Motors aktiviert. Der dabei
erzeugte Strom wird in der Antriebsbatterie gepuffert. Wenn der Fahrer
dann zunehmend mehr Bremskraft abruft, so werden die hydraulischen Scheibenbremsen
übergangslos und unmerklich zugeschaltet. Dank ABS können die
Räder beim Bremsen nicht blockieren und dank EBD (elektronische Bremskraftverteilung)
wird der Bremsweg zusätzlich verkürzt.
Fassen wir zusammen: Angefangen beim Startvorgang über die Klimatisierung
bis hin zur Fahrt auf winterlichen Straßen erweist sich der Prius-Hybride
als ideales Fahrzeug für die kalte Jahreszeit. Vorteilhaft zusätzlich,
dass alle Funktionen sehr materialschonend wirken und damit sowohl
der gesamte Antriebsstrang (Motoren und Getriebe) als auch die Reifen länger
halten als bei konventionellen Fahrzeugen.
Bleibt zum Schluss noch die Anmerkung, dass natürlich auch der
Prius die Gesetze der Physik nicht überlisten kann. Wer bei Eis und Schnee meint, genauso schnell fahren zu können wie im Sommer,
wird sich bald im Graben oder an der Leitplanke wiederfinden ...
Die Auswahl
Ein mit dem Toyota Prius vergleichbarer Wagen der unteren Mittelklasse ist
z.B. der VW Bora mit ca. 100 PS Benzinmotor, 1600 ccm Hubraum, Schadstoffklasse
Euro4 und einem Leergewicht von ca. 1.300 kg. Wenn man den Bora mit den
serienmäßigen Ausstattungsmerkmalen des Prius konfiguriert (Automatik-Getriebe,
Klima-Anlage, Multifunktions-Display, Funkfernschließung, LM-Räder, elektr.
Fensterheber, ...), so kommt man auf einen vergleichbar hohen Kaufpreis.
Die Rechnung
Der Bora verbraucht nach EU-Norm 8,1 Liter Super auf 100 km. Das vergleichbar
ausgestattete und ähnlich schwere Hybrid-Fahrzeug kommt dagegen mit
3 Litern weniger aus, nämlich mit 5,1 Litern auf 100 km. Bei einer Jahresfahrleistung
von 20.000 Kilometern macht das einen Unterschied von jährlich 690 Euro.
Nach 5 Jahren sind es bereits 3.450 Euro!
Werden die Wagen überwiegend im Stadtverkehr bewegt, so erhöht sich der Abstand noch:
Der Bora hat in der Stadt einen Normverbrauch von 11,4 Liter (!) auf 100
km, während der Prius sich in der Stadt mit 5,9 Litern (!) begnügt. Auf
20.000 gefahrene Jahreskilometer ergibt sich somit beim Bora ein finanzieller
Mehraufwand von jährlich 1.265 Euro; auf 5 Jahre gerechnet
macht das schlappe 6.325 Euro!
Die Kfz-Steuer ist bei beiden Fahrzeugen fast gleich,
beide sind bis 2005 steuerbefreit, weil sie die Euro4-Norm erfüllen. Die Versicherungseinstufung
wurde nicht betrachtet.
Die Umweltbilanz
Da beide Fahrzeuge die Euro4-Norm einhalten, ergeben sich keine großen Differenzen
bei CO, NOx und HC. Drastisch der Unterschied allerdings beim CO2: Da der
Kohlendioxid-Ausstoß proportional zum Verbrauch ist, ergibt sich beim Bora ein CO2-Wert von 194
g/km. Der Prius emittiert aber nur 120 g/km; also fast 40 Prozent weniger!
Damit liegt er beim CO2-Wert ähnlich günstig wie der – wesentlich kleinere
– Smart. Bei der angenommenen Jahresfahrleistung von 20.000 km stößt der Bora
3.880 kg CO2 aus, der Prius aber nur 2.400 kg, also 1.480 kg weniger.
Europa ist fest in der Hand der Diesel-Fraktion (um die 40 Prozent aller
Neufahrzeuge sind Diesel!). Alternative Antriebstechniken haben bei uns einen
schweren Stand. Das könnte sich jedoch bald ändern, denn in 2004:
- startet Honda im Januar den
Civic IMA als Hybridfahrzeug auf dem europäischen Markt
- startet Toyota Ende Januar bereits die nächste Generation des Prius-Hybriden
- wird Toyota Ende des Jahres zum ersten Mal den 6-Zylinder-Lexus
RX300 mit Hybrid-Antrieb vorstellen
Sogar DaimlerChrysler hat auf der IAA im September 2003 ein Hybrid-Konzept
vorgestellt. Das lässt hoffen, dass sich langsam auch in Europa etwas tut,
bevor die Japaner endgültig bei der Hybrid-Technik die Nase vorn haben.
Allerdings müssen sich die Europäer beeilen, sonst läuft ihnen die Zeit davon
...
G. Staubach, Stand: 07.12.03