Umweltfreundliche Fahrzeugtechnik

Hybridfahrzeug Toyota Prius: 72-PS-Benzinmotor, 44-PS-Elektromotor, stufenloses Automatikgetriebe (Kraftverteiler/Planetengetriebe)

Hybridtechnik im Automobilbau

Die Verbrennungsmotoren normaler Autos sind so ausgelegt, dass sie auch beim Beschleunigen und Bergauffahren ausreichend Leistung liefern. Bei geringer Last, also z. B. beim Fahren mit gleichmäßiger Geschwindigkeit auf ebener Straße, braucht der Motor aber nur ganz wenig Energie (10 bis 15 PS). Die meiste Zeit fahren normale Autos darum mit einem Riesenpaket an ungenutzter Leistung herum. Das geht zur Lasten der Energieeffizienz und die Autos verbrauchen mehr als nötig.

Im Gegensatz dazu verfolgen Hybridfahrzeuge die Strategie, möglichst wenig Energie zu vergeuden, indem sie:

  1. rationeller mit der Energie umgehen,
  2. einen Teil der bereits verbrauchten Energie wieder zurückgewinnen.
Wie sie diese Ziele erreichen, ist im Folgenden aufgeführt: All diese Eigenschaften führen zu folgenden Vorteilen:

Der Toyota Prius: Beispiel für ein Hybridfahrzeug

Die Antriebskomponenten des Prius in der DurchsichtDer Prius ist das erste in Serie produzierte Hybridfahrzeug der Welt. Seit 1997 wurden mehr als 120.000 Prius weltweit ausgeliefert, davon die meisten in Japan. Seit dem Jahr 2000 gibt es den Prius in einer angepassten Modellversion auch in Amerika und Europa. In den USA sind inzwischen mehrere 10.000 Prius auf den Straßen unterwegs. Laut Kraftfahrtbundesamt in Flensburg wurden im Jahr 2001 nur ca. 600 Exemplare des Prius in Deutschland ausgeliefert. Inzwischen sollen es um die 1000 sein. Die Zahl ist also bei uns noch sehr überschaubar. In anderen europäischen Ländern sieht es ähnlich aus. Inzwischen gibt es ein neues Prius-Modell und auch Honda bietet ab 2004 einen Civic mit Hybridantrieb an.

Motorraum: links der Benziner, rechts der Elektropart (zuoberst: der Inverter)Auf den ersten Blick ist der Prius ein ganz normales japanisches Auto der Kompaktklasse, wie sie zu Hunderttausenden auf unseren Straßen unterwegs sind. Öffnet man jedoch die Motorhaube, so bekommt auch der Autolaie eine ungefähre Vorstellung davon, was für eine geballte Technik-Ladung unter der kurzen Schnauze schlummert.

Das Hybrid-Prinzip: Wie funktioniert's beim Prius?

Die Antriebskomponenten des Prius (Schema)Ein Benzinmotor von 72 PS/53 kW und ein Elektromotor von 44 PS/33 kW teilen sich brüderlich die Antriebskraft. Zusammen können Benzinmotor und E-Motor eine maximale Leistung von 98 PS mobilisieren. Jeder der beiden Motoren kann das Fahrzeug unter bestimmten Fahrbedingungen auch alleine antreiben. Dritter im Bunde ist ein Generator von 25 PS/18 kW, der den Elektromotor mit Strom versorgt, die Antriebsbatterie lädt und als Starter für den Benzinmotor fungiert.

Antriebseinheit des Prius: Links Benzinmotor, mittig Kraftverteiler, rechts E-MotorDas "Dreigestirn" E-Motor, Benzinmotor und Generator ist über einen Kraftverteiler (= Planetengetriebe) miteinander verbunden, der wie eine stufenlose Automatik arbeitet, vergleichbar einem CVT-Getriebe (Continuously Variable Transmission), allerdings ohne dessen verschleißanfällige Komponenten. Es gibt weder eine Kupplung noch irgendwelche "Gänge", sondern nur die bei Automatikgetrieben üblichen Fahrstufen P, R, N, D und eine zusätzliche Stufe B (= Brake), die bei Bedarf die Bremswirkung des Benzinmotors aktiviert (z. B. bei steilen Abfahrten).

Die Antriebsbatterie (NiMH) hat eine Spannung von 270 Volt. Sie ist im Kofferraumboden hinter den Rücksitzen platziert, nimmt aber nur wenig Raum ein. Mit knapp 400 Litern nach VDA verbleibt immer noch deutlich mehr Gepäckvolumen als bei einem VW Golf IV. Die letzte wichtige Komponente ist der Inverter, der den Wechselstrom des E-Motors/Generators in Gleichstrom für die Antriebsbatterie umwandelt und umgekehrt (s. Bild Motorraum).

Die verschiedenen Fahrzustände können wie folgt beschrieben werden. Die zugeordneten Schemabilder stellen dabei den Kraftfluss im System dar. Bitte beachten Sie, dass das Symbol "ELEC. MOTOR" sowohl den Generator als auch den E-Motor darstellen kann, das Schema somit stark vereinfacht ist.

Clevere Strategien: Energie zurückgewinnen und nichts vergeuden!

Als einzige Energiequelle dient dem Prius letztlich nur das Benzin im Tank. Das Fahrzeug braucht nie zum Laden an die Steckdose, weil die Antriebsbatterie immer "mit Bordmitteln" auf optimalem Ladezustand gehalten wird:
  1. Vorwärtsfahrt mit geringer Last über 65 km/h; Antriebsbatterie wird parallel geladen.Laden durch den Benzinmotor: Immer, wenn dieser überschüssige Energie hat, lädt er die Antriebsbatterie via Generator nach. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Fahrzeug auf ebener Strecke gleichmäßig rollt.

  2.  
  3. Antriebsbatterie wird durch die Bewegungsenergie des Fahrzeugs nachgeladenLaden beim Gaswegnehmen: Geht der Fahrer vom Fahrpedal, so wird der E-Motor umgehend als Generator "umgepolt" und lädt die Antriebsbatterie mit der Bewegungsenergie des Fahrzeugs nach. Dabei wird das Fahrzeug durch den entstehenden Generatorwiderstand leicht abgebremst und verhält sich damit wie ein "normales" Auto.

  4.  
  5. Antriebsbatterie wird verstärkt durch die Bremsenergie des Fahrzeugs nachgeladenLaden beim Bremsen: Sobald das Bremspedal betätigt wird, wird der Generatoreffekt des E-Motors weiter verstärkt, der Widerstand wächst, die "regenerativen" Bremsen speisen entsprechend mehr Strom in die Antriebsbatterie ein und das Fahrzeug wird noch stärker abgebremst. Erst bei noch stärkerem Pedaldruck greifen zusätzlich die normalen hydraulischen Bremsen.
Natürlich wird der Benzinmotor beim Gaswegnehmen und Bremsen sofort deaktiviert: Zündung, Kompression und Benzinzufuhr werden abgestellt. An der Ampel und im Stau werden ebenfalls alle Motoren abgeschaltet; sie werden ja nicht benötigt. Es herrscht wohltuende Stille, abgesehen von den Motorgeräuschen der Nachbarfahrzeuge, die im Leerlauf nutzlos vor sich hin rödeln und dabei die Umwelt verpesten.

Benzinmotor lädt Antriebsbatterie via Generator nachWenn allerdings ein bestimmter Ladezustand unterschritten wird, wird der Benzinmotor gestartet, um via Generator die Antriebsbatterie nachzuladen.
Der Benzinmotor wird auch "zwangsweise" gestartet, wenn die Klimaanlage im Sommer mit voller Leistung läuft oder wenn im Winter die Heizung auszukühlen droht.

Alles im Griff: Computer auf Rädern

Wann welcher Motor läuft, wann elektrisch gebremst wird, wann die Antriebsbatterie nachgeladen wird: Alle Vorgänge an Bord werden durch verschiedene Bordcomputer geregelt, die ständig miteinander Daten austauschen. Die Motoren/Generatoren können dank der elektronischen Steuerung weder überdreht noch "abgewürgt" werden. Eine Traktionskontrolle sorgt dafür, dass die Räder beim Gasgeben nicht durchdrehen können. ABS verhindert das Blockieren der Räder beim Bremsen. Der Fahrer braucht nur lenken, Gas geben und bremsen. Vieles wird nicht mehr mechanisch, sondern elektrisch bzw. elektronisch übertragen. Einige Beispiele: Im farbigen Multifunktions-Display fließt die für den Fahrer relevante Information der Bordcomputer zusammen:

Nutzenstiftung: Umweltschonend unterwegs sein, Sprit sparen, Steuern sparen

Die ganze Hightech im Fahrzeug hat ihre konkrete Nutzenstiftung:

Mit dem Prius im Winter unterwegs – ein Erfahrungsbericht

Prius Hybridfahrzeug im nordamerikanischen WinterEin eiskalter Morgen Anfang Januar:
Die Außentemperatur beträgt -14 Grad, alle Autoscheiben sind überfroren. Überall Berufspendler, die Angst haben, ob ihr fahrbarer Untersatz nach durchfrorener Nacht in der Tiefkühltruhe ihrer Laternengarage wohl anspringt. Wie wird sich der Prius-Hybride mit seiner komplexen Antriebstechnik bei diesen Temperaturen verhalten?

Startvorgang: Die Scheiben von Schnee und Eis befreit, in den Prius gesetzt, angeschnallt und den Schlüssel kurz gedreht. Ganz unspektulär, ohne "Orgeln" und kaum hörbar fährt der Generator als E-Starter den Benzinmotor hoch. Kein Wunder bei einer Starter-Leistung von 24 PS/18 kW, von der 270-Volt-Antriebsbatterie gepowert. Kompression, Benzinzufuhr und Zündung werden erst zugeschaltet, wenn die Leerlaufdrehzahl erreicht und ausreichende Zylinderschmierung gewährleistet ist. Motorschonender geht's nicht.

Und ab geht die Post, denn betriebswarm wird auch der Prius nur "auf der Piste" und nicht im Stand. Die 2-Zonen-Klimaanlage auf "Automatik" und "Defrost" gestellt: Nach kurzer Zeit ist der Beschlag innen an der Windschutzscheibe beseitigt und die Feuchtigkeit nach draußen transportiert.

Die Wohnstraße ist nicht geräumt und nicht gestreut. Kein Problem für den Prius: Mit den Drehzahlsensoren an allen Rädern prüft die Traktionskontrolle ständig, ob sich die Antriebsräder vorn schneller drehen als die Hinterräder. Auch wenn das rechte Vorderrad auf dem eisigem Seitenstreifen durchdreht: Die Elektronik übernimmt die Funktion eines Sperrdifferenzials und bremst das durchdrehende Rad automatisch ab.

Unterwegs auf der Bundesstraße: Beim Gasgeben und Gaswegnehmen gibt es keine abrupten Lastwechselreaktionen wie bei normalen Fahrzeugen. Der Grund: Das Fahrpedal ist nicht durch eine mechanische oder hydraulische Kraftübertragung mit dem Motor verbunden, sondern elektronisch und computergesteuert ("by wire"). Zusätzlich bringt das stufenlose Automatikgetriebe die Antriebskraft der beiden Motoren kontinuierlich und elektronisch sanft reguliert an die Antriebsräder.

Dasselbe Bild beim Bremsen: Bei zurückhaltender Bremsung wird zunächst nur die progressiv wirkende Bremsfunktion des E-Motors aktiviert. Der dabei erzeugte Strom wird in der Antriebsbatterie gepuffert. Wenn der Fahrer dann zunehmend mehr Bremskraft abruft, so werden die hydraulischen Scheibenbremsen übergangslos und unmerklich zugeschaltet. Dank ABS können die Räder beim Bremsen nicht blockieren und dank EBD (elektronische Bremskraftverteilung) wird der Bremsweg zusätzlich verkürzt.

Fassen wir zusammen: Angefangen beim Startvorgang über die Klimatisierung bis hin zur Fahrt auf winterlichen Straßen erweist sich der Prius-Hybride als ideales Fahrzeug für die kalte Jahreszeit. Vorteilhaft zusätzlich, dass alle Funktionen sehr materialschonend wirken und damit sowohl der gesamte Antriebsstrang (Motoren und Getriebe) als auch die Reifen länger halten als bei konventionellen Fahrzeugen.

Bleibt zum Schluss noch die Anmerkung, dass natürlich auch der Prius die Gesetze der Physik nicht überlisten kann. Wer bei Eis und Schnee meint, genauso schnell fahren zu können wie im Sommer, wird sich bald im Graben oder an der Leitplanke wiederfinden ...

Der Vergleich: Toyota Prius vs. VW Bora

Die Auswahl

Ein mit dem Toyota Prius vergleichbarer Wagen der unteren Mittelklasse ist z.B. der VW Bora mit ca. 100 PS Benzinmotor, 1600 ccm Hubraum, Schadstoffklasse Euro4 und einem Leergewicht von ca. 1.300 kg. Wenn man den Bora mit den serienmäßigen Ausstattungsmerkmalen des Prius konfiguriert (Automatik-Getriebe, Klima-Anlage, Multifunktions-Display, Funkfernschließung, LM-Räder, elektr. Fensterheber, ...), so kommt man auf einen vergleichbar hohen Kaufpreis.

Die Rechnung

Der Bora verbraucht nach EU-Norm 8,1 Liter Super auf 100 km. Das vergleichbar ausgestattete und ähnlich schwere Hybrid-Fahrzeug kommt dagegen mit 3 Litern weniger aus, nämlich mit 5,1 Litern auf 100 km. Bei einer Jahresfahrleistung von 20.000 Kilometern macht das einen Unterschied von jährlich 690 Euro. Nach 5 Jahren sind es bereits 3.450 Euro!

Werden die Wagen überwiegend im Stadtverkehr bewegt, so erhöht sich der Abstand noch: Der Bora hat in der Stadt einen Normverbrauch von 11,4 Liter (!) auf 100 km, während der Prius sich in der Stadt mit 5,9 Litern (!) begnügt. Auf 20.000 gefahrene Jahreskilometer ergibt sich somit beim Bora ein finanzieller Mehraufwand von jährlich 1.265 Euro; auf 5 Jahre gerechnet macht das schlappe 6.325 Euro!

Die Kfz-Steuer ist bei beiden Fahrzeugen fast gleich, beide sind bis 2005 steuerbefreit, weil sie die Euro4-Norm erfüllen. Die Versicherungseinstufung wurde nicht betrachtet.

Die Umweltbilanz

Da beide Fahrzeuge die Euro4-Norm einhalten, ergeben sich keine großen Differenzen bei CO, NOx und HC. Drastisch der Unterschied allerdings beim CO2: Da der Kohlendioxid-Ausstoß proportional zum Verbrauch ist, ergibt sich beim Bora ein CO2-Wert von 194 g/km. Der Prius emittiert aber nur 120 g/km; also fast 40 Prozent weniger! Damit liegt er beim CO2-Wert ähnlich günstig wie der – wesentlich kleinere – Smart. Bei der angenommenen Jahresfahrleistung von 20.000 km stößt der Bora 3.880 kg CO2 aus, der Prius aber nur 2.400 kg, also 1.480 kg weniger.

Wie geht es mit Hybrid weiter?

Europa ist fest in der Hand der Diesel-Fraktion (um die 40 Prozent aller Neufahrzeuge sind Diesel!). Alternative Antriebstechniken haben bei uns einen schweren Stand. Das könnte sich jedoch bald ändern, denn in 2004:

Sogar DaimlerChrysler hat auf der IAA im September 2003 ein Hybrid-Konzept vorgestellt. Das lässt hoffen, dass sich langsam auch in Europa etwas tut, bevor die Japaner endgültig bei der Hybrid-Technik die Nase vorn haben. Allerdings müssen sich die Europäer beeilen, sonst läuft ihnen die Zeit davon ...


G. Staubach, Stand: 07.12.03