Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur geplanten Ansiedlung eines Verbrauchermarktes am Standort Schmuckenberger Weg (Ziegeleigelände)

Ausgangslage

Gemäß Landesentwicklungsplan NRW ist Blomberg die Funktion eines Mittelzentrums zugewiesen. Ca. 3.300 Einwohner leben in der Altstadt, insbesondere auch Familien mit Kindern und ältere Mitbürger. Erhebliche Finanzmittel, insbesondere auch öffentliche, wurden in den Erhalt der historischen Bausubstanz investiert mit dem Ziel, den Innenstadtbereich als attraktiven Wohnstandort zu erhalten.

Den Städten und Gemeinden obliegt die Aufgabe der „Daseinsvorsorge“. Im Zuge der Lebensmittelversorgung ist eine zentren- und wohnortnahe Grundversorgung zu gewährleisten. Alle Bevölkerungsgruppen, gerade auch jene ohne Möglichkeit der Pkw-Nutzung wie Kinder und Senioren, sollten die Möglichkeit haben, zu Fuß, per Fahrrad oder unter Nutzung des ÖPNV Lebensmittelmärkte zu erreichen.

Der Konzentrationsprozess im Lebensmittel-Einzelhandel hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass immer größere Märkte durch Konzerne außerhalb der Innenstädte errichtet wurden, ohne Synergieeffekte in Bezug auf die Einzelhandelsstandorte der Geschäftslagen in den Kernstädten (Barntrup, Lügde, Steinheim, Horn-Bad Meinberg).

In Blombergs Altstadt finden sich zahlreiche Laden-Leerstände, die wiederum die Attraktivität der bestehenden Einzelhändler negativ beeinflussen.

Jüngste Entwicklungen

Für die Errichtung eines SB-Warenhauses auf dem ehemaligen Ziegeleigelände hat sich vor geraumer Zeit eine Bürgerinitiative ausgesprochen. Daraufhin hat die Stadt Blomberg ein Gutachterbüro mit der Erstellung einer Einzelhandelsstrukturuntersuchung beauftragt. Parallel dazu wurde, eingeleitet durch einen Workshop, der Blomberger Stadtmarketingverein gegründet, der wesentlich durch Vertreter des Blomberger Einzelhandels, der örtlichen Finanzinstitute, Dienstleister und Industriebetriebe getragen wird. Ziel des Vereins ist es, die Attraktivität Blombergs als Wohn- und Einkaufsstandort zu fördern. Der ‚Förderkreis Blomberger Einzelhandel', ein Zusammenschluss der Fachhändler der Kernstadt, besteht weiterhin; zahlreiche Einzelhändler sind gleichzeitig aktiv im Marketingverein.

Ergebnis der Einzelhandelsstrukturuntersuchung

Der Gutachter ermittelt für die einzelnen Sortimente eine realistische und eine optimistische Variante in Bezug auf eine Sortimentserweiterung.

Für den Bereich Lebensmittel geht er von einem zusätzlichen Bedarf zwischen 600 und 1.400 qm aus

Das zusätzliche Potenzial im Bereich Bekleidung schätzt er zwischen 100 und 200 qm ein, für die Sortimentsgruppe Schuhe nur in der optimistischen Variante einen Bedarf von 50 qm.

Der Gutachter verweist wiederholt auf die

• Notwendigkeit, die Bedeutung der Altstadt auch als Nahversorgungszentrum zu sichern (S. 23 und S. 53)
• Leerstände, die zu einem Attraktivitätsdefizit führen (S. 34)
• Bedeutung des Geschäftszentrums, die ein Hauptaushängeschild der Innenstadt bildet (S. 37)
• darin insbesondere die frequenzfördernden Magnetbetriebe Bekleidungshaus Ewert und Edeka-Markt (S. 41)
• notwendige gute Erreichbarkeit mit allen Verkehrsmitteln / für alle Bevölkerungsgruppen (S. 53)
• Bedeutung Blombergs als Versorgungsstandort insbesondere für die ortsansässige Bevölkerung (S. 58)

Ein Fazit des Gutachters:

„Bei Ansiedlungsvorhaben ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit diese absatzwirtschaftlich und städtebaulich verträglich sind, d. h. den Zielsetzungen der Raum- und Landesplanung sowie den Zielsetzungen der Stadtentwicklung Blombergs entsprechen.“ (S. 92)

Standort Schmuckenberger Weg

Am Schmuckenberger Weg befindet sich eine ehemalige Ziegelei. Der Firmeninhaber hat die Produktion vor mehreren Jahren in Blomberg aufgegeben und im Gewerbegebiet Steinheim/Bergheim einen neuen Betrieb errichtet. In jüngster Zeit wurden weitere Teile des Betriebes abgebaut. Diese Industriebrache ist einer erneuten Nutzung zuzuführen.

Ein Verbrauchermarkt mit Getränkemarkt der REWE-Gruppe an diesem Standort, erweitert um die Filialisten Deichmann und Takko, ergänzt durch eine Filiale der Schnellrestaurant-Kette McDonald's, lässt befürchten, dass sich dort ein neuer Versorgungsschwerpunkt bilden wird.

Der Standort liegt zwar in der Nähe des Wohngebiets „Hamburger Berg“ und der Firma „Phoenix Contact“, lässt jedoch aufgrund der Lage und der Topographie kaum erwarten, dass Bürger/Innen der Kernstadt zu Fuß oder mit dem Rad den Markt aufsuchen werden. Andererseits ist kaum zu erwarten, dass dortige Kunden, die den Standort mit dem Pkw aufsuchen, anschließend auch Einkäufe in der Innenstadt tätigen werden. Die u. E. gegebene Gefahr, dass sich dort zu Lasten des Geschäftszentrums in der Altstadt ein Versorgungsschwerpunkt bilden kann, wird verstärkt durch die Tatsache, dass sich bereits jetzt dort ein Möbelmarkt, ein Gartencenter (LHG) und ein Baumarkt (Werkmarkt Stumpf) etabliert haben. Das Areal ist groß genug, dass sich dort weitere Märkte in Zukunft ansiedeln könnten.

Eine Verkehrsanbindung per ÖPNV ist nicht gegeben.

Standort Schützenhalle

Dieser Standort ist von der Fläche her ca. zwei Drittel kleiner. Auf dem Gelände – zu zwei Drittel im Besitz des „Alten Blomberger Schützenbataillons“ (ABS) – lässt sich unter Berücksichtigung der jetzigen Gegebenheiten nur ein Verbrauchermarkt in Größe des vom Gutachter ermittelten Bedarfs (max. 3.000 qm) errichten. Die Zahl der notwendigen Parkplätze ist nur zu erreichen, indem die Stadt Blomberg öffentliche Parkplätze umwidmet. Der auf dem Vorplatz befindliche Busbahnhof ist zu erhalten und aufzuwerten.

Der Standort liegt am östl. Rand der Kernstadt in Verlängerung der Geschäftsstraßen Kurzer Steinweg/Heutorstraße (alter Handelsweg). Der Marktplatz ist für Fußgänger in ca. 8 Minuten erreichbar. Für Fußgänger, Radfahrer und Benutzer des ÖPNV (aus den Ortsteilen, Busbahnhof!) wäre dieser Markt gut zu erreichen. Das ABS plant zudem, zusätzlich an diesem Standort eine Stadthalle zu integrieren, die das kulturelle Angebot der Stadt erheblich erweitern könnte.

Daraus ergibt sich u. E. die berechtigte Annahme, dass dieser Standort, als Gegenpol zum Marktplatz, die o. g. Straßen aufwertet und Synergieeffekte zum Geschäftszentrum bietet.

Votum pro Schmuckenberger Weg – Auswirkungen auf den bestehenden Einzelhandel

Die REWE-Gruppe wird, nach heutiger Kenntnis, einen Verbrauchermarkt dort errichten. Der bisherige Standort Barntruper Straße wird aufgegeben werden. Der ALDI-Markt wird gleichfalls umziehen. Für die dortige Bevölkerung entsteht ein Versorgungsengpass.

Wichtiger noch: Der Pächter des EDEKA-Markts am Langen Steinweg hat erkennen lassen, dass er diesen Standort aufgeben wird, sobald ein Verbrauchermarkt errichtet werden wird. Damit entstünde in der Altstadt Blombergs ein weiterer erheblicher Leerstand (ca. 800 qm). Jeder (zusätzliche) Leerstand hat erhebliche Auswirkungen auf die noch bestehenden Fachgeschäfte.

Ursprünglich war (auch seitens der Verwaltung) angedacht, dass mit dem zukünftigen Investor eines Verbrauchermarkts eine Kopplung in dem Sinne angestrebt werden müsse, dass der zukünftige Betreiber das Ladengeschäft am Langen Steinweg zusätzlich fortführt.

Unsere Vorstellungen: Blomberg als attraktiver Wohn-, Einzelhandels- und Gewerbestandort

• Die Industriebrache „Ziegeleigelände“ ist als Gewerbegebiet fortzuführen. Verstärkt sollte hier Gewerbe angesiedelt werden, das keine Konflikte zur näherrückenden Wohnbebauung befürchten lässt. Blomberg hätte damit weiterhin genügend Gewerbeflächen anzubieten, so dass ein weiterer Landschaftsverbrauch und eine damit verbundene zusätzliche Flächenversiegelung mittel- bis langfristig auszuschließen ist.
• Mit der Ansiedlung von Gewerbebetrieben kann die Hoffnung auf zusätzliche wohnortnahe Arbeitsplätze am Rande der Kernstadt verbunden werden.
• Das Baugebiet „Hamburger Berg“ kann auf der jetzt noch ungenutzt, nördlich und oberhalb der Ziegelei gelegenen Freifläche ausgedehnt werden.
• Auf dem Gelände Schützenplatz entsteht ein Verbrauchermarkt mit max. 3.000 qm Verkaufsfläche. Die seitens des Investors angedachte Saaleinheit wäre für das kulturelle Leben Blombergs eine Bereicherung, ist jedoch nach unserer Auffassung nicht Bedingung für eine Standortentscheidung an dieser Stelle.
• Der „Busbahnhof“ ist näher in Richtung Straßenkreuzung B 1 / Heutorstraße / Ostring zu verlegen. Dazu kann es angebracht sein, auf die Ausstattung mit mehreren Bussteigen zu verzichten. Weitere Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung (überdachte Wartezone, Kiosk, Begrünung etc.) sind zu prüfen.
• Das nördlich gelegene ehemalige Bauhof/Gärtnereigelände ist in die Überplanung mit einzubeziehen. Es ist zu prüfen, ob dadurch die zusätzliche Unterbringung eines Discounters neben dem Vollsortimenter möglich wird.
• Wir erwarten, dass sich der zukünftige Betreiber des Verbrauchermarkts bereit erklärt, das jetzt als SB-Markt geführte Ladengeschäft am Langen Steinweg fortzuführen.

Blomberg, 21. August 2002

Hans-Ulrich Arnecke, Fraktionsvorsitzender
für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Blomberg